Junge mit Blindenstock überquert Zebrastreifen

Spezifische Unterrichtsfächer

Die spezifischen Schulfächer für blinde und sehbehinderte Kinder sorgen für Selbstständigkeit. Wir bezeichnen sie als blindentechnische Fertigkeiten oder als blinden- und sehbehindertenspezifisches Curriculum:

• Schreib-/Lese-Technik (SLT)
• Orientierung und Mobilität (O&M)
• Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF)

HINWEIS für Pädagoginnen und Pädagogen!
Wir kommen an Ihre Schule, um die blindentechnischen Grundfertigkeiten zu unterrichten, die zum Rahmenlehrplan für blinde und sehbehinderte Schüler:innen gehören.

Orientierungs- und Mobilitätstraining (O&M)

Die selbständige Orientierung und Mobilität von Menschen, die blind oder sehbehindert sind, zählt zu deren Kulturtechniken. Sie muss, anders als bei sehenden Menschen, gezielt erworben werden und wird von dazu ausgebildeten Lehrern unterrichtet. Dabei kommt der sogenannten Orientierungs- und Mobilitätserziehung von Anfang an große Bedeutung zu.

Die Schüler:innen sollen lernen, sich in einer Welt, in der das Sehen eine große Rolle spielt, zurechtzufinden und eine altersentsprechende, der Situation angepasste Orientierungsfähigkeit und Mobilität erreichen.

Insbesondere können sie peu à peu die Befähigung erlangen, sich in ihrer näheren und weiteren Umwelt zu orientieren, sich selbstständig, sicher und effektiv fortzubewegen und ihren Lebensraum zu erschließen. Der Unterricht in Orientierung und Mobilität führt zu einem bewussten und eigenständigen Handeln bei der Bewältigung von Alltagssituationen, sowie zu einem höheren Selbstwertgefühl und bildet damit eine wesentliche Voraussetzung für Unabhängigkeit und Integration in die Gesellschaft.

Das Ausmaß der anzustrebenden Selbständigkeit und damit die Quantität, Qualität und Rhythmisierung des Orientierungs- und Mobilitätstrainings sind abhängig von:

  • dem Entwicklungsstand der Schüler:innen,
  • den Vorerfahrungen der Schüler:innen,
  • den Fähigkeiten, Bedürfnissen und der Motivation der Schüler:innen,
  • den örtlichen Rahmenbedingungen

Mögliche Ziele

  • das Gehen mit dem sehenden Begleiter
  • Körperschutz- und Suchtechniken kennen und nutzen
  • rechts und links unterscheiden
  • Drehungen ausführen
  • Sinne schulen
  • Pläne und taktile Karten lesen
  • auditive, visuelle und taktile Leitsysteme in der Schule und auf dem Schulhof kennen und nutzen lernen
  • sich nach Himmelsrichtungen ausrichten und orientieren können
  • Stocktechniken kennen und sinnvoll anwenden
  • Wege selbständig bewältigen (innerhalb des Schulgeländes und im Stadtgebiet)
  • Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel etc.

Schulungsprogramm

Basistraining ohne Stock

  • Sehende Begleitung (Grundhaltung, Türen benutzen, Treppen gehen)
  • Körperschutztechniken (Oberkörperschutz, Gesichtsschutz, Unterkörperschutz)
  • Gleittechniken (mit und ohne Oberkörperschutz, Türen passieren)
  • Am Tisch Platz nehmen
  • Alleine Gehen nach Gehör (durch Signale aus der Umwelt und mit selbsterzeugten Geräuschen → Klicksonar)

Training Orientierung

  • Überprüfung und Schulung der Raumlage- und Gestaltwahrnehmungsfähigkeit, ebenso der Figurgrundwahrnehmung und dem Bilden von Serien
  • Himmelsrichtungen
  • Drehungen
  • parallel und quer Ausrichten
  • Orientierung im unbekannten Raum

Stocktechniken

Handhabung des Stockes in geschlossenen Räumen

  • Pendeltechniken: Tippen und Schleifen der Stockspitze;
  • Durch Türen gehen; Treppentechnik;
  • Alleine gehen in großen Gebäuden, auch komplizierte Routen;
  • Selbstständiges Benutzen von Fahrstühlen und Rolltreppen;
  • Begriffe bilden wie: Treppenabsatz, Trakt, Flügel, Flur, Korridor, Halbstock etc.
  • Drop Off: Ziel in einem bekannten Gebäude innerhalb einer gewissen Zeit erreichen, ohne Hilfe durch Passanten.

Gehen Im Freien

  • Im ruhigen Wohngebiet: einfaches Gehen um das Karree
  • Gewöhnung an die Bodenverhältnisse am Bürgersteig, Wechsel zwischen Tippen und Schleifen der Stockspitze
  • Passieren von Einfahrten und Tankstellen
  • Straßenüberquerungen ohne Fußgängerampel
  • Überquerungen an Kreuzungen ohne Signalanlage: Sicherheitsüberquerung und Parallelüberquerung
  • Gehen in Gebieten mit viel rollendem Verkehr: Überqueren an Kreuzungen mit Signalanlagen (ohne und mit Hilfseinrichtungen für Blinde): Schulterregel; akustische Analyse der Ampelphasen etc.
  • Akustisches Ausrichten am rollenden Verkehr
  • Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel: Bus, U-Bahn, S-Bahn, Regionalbahn, Fernbahn
  • Architektonische Anlage von Bahnhöfen kennen und benutzen lernen
  • Betriebsabwicklung in Bahnhöfen kennen lernen
  • Sicheres Verhalten am Bahnsteig, Orientieren auf der Verteilerebene
  • Umsteigen und Verkehrsmittel wechseln
  • Orientierung nach Verlaufen; Sinnvolles Annehmen von Hilfe durch Passanten, die diesbezüglich richtigen Fragen stellen können etc.
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